MOLLESNEJTA

Mollesnejta heißt auf Quechua "Dort wo Mollebäume stehen". Der Molle-Baum (Chinus molle) ist in den semiariden andinen Hochtälern heimisch und ein relativ schnellwüchsiger immergrüner Baum mit hängenden Ästen, er hat rosarote Früchte in Doldenform (Rosa Pfeffer), ist aufgrund seiner tiefen Wurzeln trockenresistent und ein idealer Bodenverbesserer.

Wednesday, January 23, 2008

Verbreitung sukzessionaler Agroforstsysteme in semiariden Regionen von Bolivien

1. Bolivien
Aufgrund der Armut seiner Bevölkerung ist Bolivien ein Schwerpunktland der internationalen Entwicklungshilfe. Deren Ziel besteht in der Armutsminderung, die nach Erkenntnissen der Weltbank am ehesten durch eine Förderung der Landwirtschaft (Weltentwicklungsbericht 2008) unter Berücksichtigung der sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Faktoren zu erreichen ist.

Geographisch lässt sich Bolivien von Westen nach Osten in drei Zonen unterteilen: Andenhochland, Hochtäler und Amazonastiefland. Die Hochtäler (1.500 bis 3.000 Meter über NN) zählen mit durchschnittlich 400 bis 800 mm Niederschlag/Jahr zu den sogenannten semiariden Zonen. Aufgrund ihrer Bodenfragilität, ausgeprägten Trocken- und Regenzeiten sowie einer permanenten Übernutzung unterliegen diese Flächen einer fortschreitenden Desertifikation. Historisch gesehen waren diese Gegenden bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Kornspeicher Boliviens mit einer entsprechend zahlreichen Bevölkerung. Die Bodenreform Anfang der 50er Jahre und die in den vergangenen drei Jahrzehnten zu beobachtende Häufung des El Nino-Phänomens leisteten der Bodenerosion Vorschub.

2. Sukzessionale Agroforstsysteme (SAFS)

Sukzessionale Agroforstsysteme (SAFS) definieren sich durch folgende Charakteristika:

Sie folgen in ihrem Aufbau der natürlichen Regeneration und Dynamik der standortgemäß sich aufbauenden Prozesserneuerung der Natur. Die Bepflanzung einer sukzessionalen Agroforstparzelle erfolgt mit Pionier-, Sekundär- (I, II, III) und Primär-Pflanzen, in spezifischer Dichte und höchstmöglichster Artenvielfalt, wodurch gleichzeitig Ernährungssicherheit und ökonomische Bedürfnisse der kleinbäuerlichen Familie befriedigt werden.

Insofern bieten sukzessionale Agroforstsysteme Möglichkeiten der nachhaltigen Landnutzung, die unter Berücksichtigung des Schutzes der Biodiversität und der natürlichen Ressourcen signifikant zur Erreichung der MDG beitragen können.

Seit 2001 gibt es erste Erfahrungen mit sukzessionalen Agroforstsystemen auf stark erodierten Flächen in Hanglage der Tunarikordillere (Andenhochtal, 2.750 Meter über NN, Niederschlagsmenge durchschnittlich 600 mm/Jahr). Als Ergebnis sind zu beobachten: Rückkehr der lokalen Biodiversität, Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und des Wasserrückhaltevermögens des Bodens und eine spezifische Entwicklungsdynamik. Insgesamt fünf verschiedene Pflanzengemeinschaften wurden auf einer Gesamtfläche von etwa 2,5 Hektar gemäß den Richtlinien sukzessionaler Agroforstsysteme nach Ernst Götsch erstellt. Diese stehen unter permanenter Beobachtung und Pflege. Die Pflegearbeiten bestehen vorwiegend im Giessen der Jungbäume nach dem Grundsatz „so wenig wie möglich“ und Schnittarbeiten.

3. Vorhaben

Sukzessionale Agroforstsysteme imitieren, in zeitlicher Verkürzung und unter Berücksichtigung ökonomisch wertvoller Spezies, den Prozess der lokalen natürlichen Regeneration. Die Verbreitung lokal angepasster sukzessionaler Agroforstsysteme an ausgewählten Standorten in semiariden Regionen hat die Armutsminderung der lokalen Bevölkerung bei gleichzeitigem Schutz der natürlichen Ressourcen zum Ziel. Durch die Verringerung von Desertifikation, Erhöhung von Bodenfruchtbarkeit und Bodenwasserspeicherkapazität, Schutz von Wassereinzugsgebieten und Quellenvorkommen werden die produktionsdeterminanten Ressourcen Boden und Wasser nachhaltig genutzt und die Produktivität der Flächen gesichert.

Sukzessionale Agroforstsysteme

- tragen zur ökologischen Stabilität und zur Rückgewinnung desertifikationsgefährdeter Böden in semiariden Regionen der Andenhochtäler bei

- fördern die Bodenqualität und Bodenfruchtbarkeit und somit die Produktivität einer Fläche

- verringern durch die Diversifizierung der Produktpalette das Produktionsrisiko und vermindern Arbeitsspitzen

- eignen sich besonders für Kleinbauern und die Vermarktung von Qualitätsprodukten, die ökologisch zertifiziert und ursprungsgesichert sind

- ermöglichen eine Erhöhung der flächenbezogenen Wertschöpfung durch die integrierte Produktion von Edelholzbäumen

Die Verbreitung sukzessionaler Agroforstsysteme in semiariden Andenhochtälern ist demnach entwicklungspolitisch sinnvoll und ökologisch wünschenswert. Günstige Rahmenbedingungen in der Kommune, der Infrastruktur und Märkte unterstützen eine Flächennutzung durch sukzessionale Agroforstsysteme. Deshalb sollte nicht nur die Verbreitung der Methode der sukzessionalen Agroforstsysteme gefördert werden, sondern auch die Erarbeitung von Grundlagen für politische Entscheidungen im Hinblick auf die agrar-, forst- und naturschutzpolitischen Herausforderungen des agrarstrukturellen und demografischen Wandels. Zudem sollte die Partizipation der maßgeblichen Stakeholder aus den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Naturschutz zur Sicherung der Transferfähigkeit der Projektergebnisse beitragen.

4. Fragestellungen

Der Kleinbauer in den semiariden Hochtälern Boliviens hat heutzutage nicht nur den Wunsch die elementaren Bedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft seiner Familie zu sichern, sondern möchte auch eine gute Ausbildung für seine Kinder. Zudem ist selbst in abgelegenen Gebieten die Verknappung der Ressource Boden bemerkbar. Insofern stehen zur erfolgreichen Verbreitung sukzessionaler Agroforstsysteme die Fragen nach Rentabilität, Artenzusammensetzung und der Einfluss auf die Bodenqualität im Vordergrund.

Darüber hinaus sind folgende Grundsatzfragen zu klären:

- Das Verhältnis der ländlichen Bevölkerung zu Bäumen (kulturelle und religiös-mythologische Perspektive, Nutzungsansätze wie Brenn- und Bauholz, Futter, Erosionsschutz, Holzvermarktung, Kapitalanlage)

- Ressource Boden: Ursachen der Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit bei Anwendung von SAFS (Organisches Material, Vorkommen und Art der Bodenlebewesen)

- Ressource Wasser (Wasserkreislauf, Quellschutz, Infiltration von Regenwasser, Wasserspeicherkapazität des Bodens)

- Ursachen der Entwicklungsdynamik in einer sukzessionalen Agroforst-Parzelle (Artenauswahl, Pflanzabstand, Schnitt)

- Faktoren, die die Produktivität von sukzessionalen Agroforst-Parzellen und die Qualität der Produkte beeinflussen

5. Durchführung

Die erfolgreiche Verbreitung sukzessionaler Agroforstsysteme kann am besten im Verbund aus

- lokalen Bauernverbänden

- vor Ort in der Praxis mit den Kleinbauern arbeitenden Organisationen

- wissenschaftlichen Institutionen in Bolivien

- wissenschaftlichen Institutionen in Europa

geleistet werden.

Mögliche Akteure:

- Wissenschaftlichen Institutionen in Deutschland und Bolivien

Göttingen, UMSA – Instituto de Ecología La Paz, UMSS – ETSFOR/AGRUCO Cochabamba

- Stiftungen und NRO´s in Deutschland und Bolivien

AGRECOL Göttingen, BIO-SID Cochabamba, Fundación AGRECOL-Andes Cochabamba, Plataforma de Suelo Cochabamba und La Paz

- Kleinbauern in semiariden Hochtälern von Bolivien

interessierte Kleinbauern an ausgewählten Standorten in den Departements Cochabamba und der Region Norte Potosí


Weitere Faktoren, die für eine erfolgreiche Diffusion und Implementierung von sukzessionalen Agroforstsystemen zu berücksichtigen sind:

- Anpassung der Methode der sukzessionalen Agroforstsysteme an die persönlichen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Kleinbauern unter Berücksichtigung der spezifischen Voraussetzungen wie: Ökonomische Ressourcen, Parzellengröße, Zeitkapazitäten, Arbeitskraftressourcen, Marktnachfrage und Vermarktungsmöglichkeiten.

- Langfristige Begleitung durch praxisorientiertes, lokalkundiges Personal, besonders in den arbeitsintensiven Anfangsjahren nach Implementierung der sukzessionalen Agroforstparzelle.

- Erhöhung der Vermarktungschancen und der Wertschöpfungskette durch eine Produkttransformation vor Ort (Trockenfrüchte, Früchte-Chips, Vermahlung und Mehlmischungen, Säfte, Saftmischungen, Gewürze und Gewürzmischungen, Nahrungs- und Kosmetische-Öle, Herstellung von Cremes etc.)

- Eine Kosten-Nutzen-Aufstellung spricht eindeutig für sukzessionale Agroforstsysteme, sowohl hinsichtlich einer monetären Bilanz (Senkung der Produktionskosten durch Vermeindung des Einsatzes von Pestiziden und Kunstdüngern, höherer Preis für die Produkte aufgrund der hohen Qualität), als auch den nicht monetär bilanzierbaren Wirkungen (Schutz der Biodiversität und der natürlichen Ressourcen bei gleichzeitiger Verringerung von Migrationsbewegungen sowohl in die Stadt als auch auf Schutz- und Pufferzonen), allerdings mangelt es an entsprechender Öffentlichkeitsarbeit.

P.S.: Wenn jemand Interesse hat dieses Vorhaben zu unterstützen wird um Kontaktaufnahme gebeten unter: 0761404338@t-online.de

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